Dienstag, 27. Juli 2010

Abschlussbericht

Woran erkennt man wie gut man in eine costa-ricanische Gemeinschaft integriert ist? Einfach an den Ebenen bei denen man bei einer Personenbeschreibung mithalten kann.

Wer ist Alvaro Vargas?

Der Ehemann von der Ana Rodriguez von den Rodriguez aus der Barrantes-Straße. Wo der Vater die erste Pulperia im Ort hatte in der aber mittlerweile das neue Kaffee ist. Der mit der Kaffeeplantage auf dem Weg nach Los Pinos ungefähr 200m nach der Autowerkstatt auf der rechten Seite. Bei dem der Vater von der Frau der Sohn von einem von den ersten drei Kolonialisten war. Der Cousin zweiten Grades von der Alejandra die Frau vom Andrés. Die leben in dem blauen Haus in Zaragoza, wo der alte Baum stand den sie vor 10 Jahren gefällt haben 200m Richtung Norden und 50 nach Osten. Seine beiden Schwestern leben schon seit 2 Jahren in New York, deshalb fährt der da auch so oft hin.

Vor allem in Palmares meinem Heimatort für das vergangene Jahr sind solche Personenbeschreibungen noch sehr häufig. Vor guten elf Monaten war ich natürlich schon sehr früh ziemlich ratlos, aber im Lauf der Monate verstand ich immer besser von was bzw. wem die Rede war und jetzt gegen Ende hab ich auch das ein oder andere Mal mit einer solchen Beschreibung aufwarten können. Meine soziale Integration will ich also durchaus als wahnsinnig gut beschreiben.


 

Eine solche Integration kommt selbstverständlich auf vielen Ebenen zustande.

Natürlich durch die Familie, die der Hauptankerpunkt in einer Gemeinschaft ist. Wenn man sich mit dieser gut versteht und in einem gewissen Sinn einfach ein weiteres Mitglied der Familie wird, trägt das sehr stark zu einer Öffnung der Gemeinschaft bei. Man lernt viele Familienmitglieder, Freunde der Familie und Kollegen kennen. Hier ist eine große Familie mit vielen Geschwistern, Onkeln, Tanten etc. natürlich von großem Vorteil. Sehr viel hat auch der Märklinvertrieb meines Gastvaters beigetragen, durch den ich viele Costa-Ricaner aus allen Schichten kennenlernen konnte. Nebenbei ist mir meine Familie unglaublich stark ans Herz gewachsen und schon jetzt wo sie mich erst vor 5 Stunden am Flughafen abgeliefert haben vermisse ich sie sehr.

Neben der Familie verbringt man die meiste Zeit selbstverständlich im Projekt. Hier hab ich zwar einen sehr großen Teil der Zeit alleine gearbeitet, "Madre Verde" ist aber sehr stark in die Gemeinschaft von Palmares integriert. Dadurch kann man bei großen Veranstaltungen wie der jährlichen Freiluftmesse und der Hauptversammlung sehr gut Kontakte knüpfen. Auch die Kollegen sind im Laufe des Jahres immer mehr zu guten Freunden geworden.

Der dritte und bei der jungen Generation natürlich besonders wichtige Pfeiler der persönlichen Integration ist selbstverständlich der Freundeskreis. Dieser hat sich seit dem Zwischenbericht zwar nicht signifikant vergrößert, aber noch einmal deutlich gefestigt. Wie schon erwähnt, hatte ich immer für jedes Problem einen Ansprechpartner und vor allem in der zweiten Hälfte des Jahres bin ich auch immer mehr zum Ansprechpartner für Probleme aller Art geworden.


 

Der Abschied in den letzten Wochen von all dem war wirklich unglaublich schwer. Öfters musste ich mich vor Freunden und Familie in Deutschland rechtfertigen, weil ich mich lange Zeit nicht wirklich auf München freuen konnte. Aber mittlerweile freu ich mich schon endlich anzukommen und auch die Ticofreunde hab ich sicherlich nicht zum letzten Mal gesehen.

Viele Freiwillige würden wahrscheinlich auch die Aufnahmeorganisation als wichtigen Faktor für eine positive Erfahrung nennen. Ich habe aber immer versucht so wenig Kontakt wie möglich und nur so viel wie nötig zu haben. Nachdem sich im ganzen Jahr keine Probleme ergeben haben, die ich nicht selbst oder mit Hilfe von Freunden, Kollegen oder Familie hätte lösen können, war die Kommunikation mit ACI auf ein Minimum beschränkt. An dieser Stelle will ich ACI aber nochmal für die grandiose Organisation der Seminare loben. Es wurde immer sehr konzentriert gearbeitet und aus allen Aktivitäten konnte man etwas Lehrreiches mitnehmen. Gar keinen Kontakt, bis auf ein paar informelle E-mails, hatte ich mit ICJA. Ich bin aber schon gespannt auf das Abschlussseminar in Berlin um zu sehen, wie es denn allen so ergangen ist.


 

Seit dem Zwischenbericht hat sich in "Madre Verde" so Einiges getan. Der Schmetterlingsgarten kann mittlerweile mit vier Arten aufwarten und auch die Varietät der Pflanzen kann sich sehr gut sehen lassen. Vor ein paar Wochen haben wir mit dem Bau eines Pflanzgartens ("Vivero") begonnen, den wir leider noch nicht ganz abschließen konnten, der aber schon sehr zufriedenstellende Formen annimmt. Eine wirklich tolle Erfahrung war, wie man mit ein bisschen körperlichem Einsatz, Motivation und Lernfreude ein solches Projekt quasi von Null auf die Beine stellen kann. Mir kam zugute, dass mir bei der Umsetzung meiner Ideen sehr großes Vertrauen entgegengebracht wurde. So konnte ich mit Hilfe von der Pamela, einer Biologiestudentin die mir einen Tag pro Woche geholfen hat, unsere Idee von einem schönen, funktionellen und beeindruckenden Schmetterlingsgarten umsetzten. Wir haben beide dabei sehr viel über diese beeindruckenden Tiere und vor allem die Organisation eines solchen Projektes gelernt. Erstaunlich für mich war die Intensität der Erfahrung die ein erfolgreiches Teamwork mitbringen kann. Wie sich Ideen multiplizieren und entwickeln können, hatte ich so vorher noch nicht erfahren dürfen.

Ein Teil der Arbeit der in der zweiten Hälfte des Jahres noch einmal deutlich wichtiger geworden ist, war die Koordinierung und Betreuung der Arbeit die durch die Kurzzeitfreiwilligen geleistet wurde. Da war vom hochmotiviertem Naturfreak bis zur eher schwer zu begeisternden BWL-Studentin wirklich alles dabei, was die Aufgabe sehr spannend gemacht hat. Zwar waren es nicht viele Mithelfer, das Spektrum war aber so groß, dass ich mich jedes Mal wieder neu einstellen und sehr flexibel sein musste. Eine Herausforderung die ich gerne angenommen und auch gut gemeistert hab

Die Schlüssel für ein solches Projekt übergeben zu müssen, in das man ein ganzes Jahr Arbeit, viel viel Schweiß und den ein oder anderen Muskelkater gesteckt hat, ist mir sehr schwer gefallen. Geholfen dabei hat mir aber, dass schon letzten Montag der Freiwillige der meine Arbeit weiterführen wird, oder besser darf, in Palmares angekommen ist. So konnte ich viel von dem was ich gelernt habe weitergeben und ihm eine Idee von unserem Plan für das Projekt vermitteln. Janis, der neue Freiwillige, macht einen wirklich motivierten und interessierten Eindruck. Ich konnte die Schlüssel also zwar traurig aber beruhigt übergeben.


 

Wenn ich heute meinen Zwischenbericht lese, würde ich eigentlich im Nachhinein nichts ändern wollen. Meine Ansichten haben sich seitdem nicht wesentlich geändert und auch die Einstellung gegenüber Costa Rica war zu diesem Zeitpunkt schon sehr gefestigt.

Zum Abschluss will ich sagen, dass ein solches Jahr als Freiwilliger natürlich nie werden kann wie man es erwartet. Es ist eine so einmalige Erfahrung, dass man sich die Intensität vorher einfach nicht vorstellen kann. Die Verbindung die ich zu den Personen und zum Land innerhalb von einem Jahr aufgebaut habe bzw. aufbauen konnte hätte ich mir vorher niemals so stark und tiefgehend vorgestellt.

Auch wenn ich vorher immer aufgepasst habe mir keine großen Erwartungen zu machen, wurden diese haushoch übertroffen. Ich habe eine zweite Heimat, eine zweite Familie, sehr viele Freunde, und unzählige Erfahrungen gewonnen.

Auch wenn der Abschied sehr schwer gefallen ist, freue ich mich schon auf meinen nächsten Besuch in Costa Rica und die Erfahrung wie sich die Freundschaften und die Beziehung zur Familie über die Distanz hinweg entwickeln werden.

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